Wack-Wandern und andere ungeplante Dinge

Wack-Wandern und andere ungeplante Dinge

Das Wacken Open Air 2015 mit ca. 75.000 Besuchern steht wie in jedem Jahr ganz unter dem Motto „Rain or Shine“. Dieses Jahr mussten die Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben, wie Polizei, Feuerwehr und Rettungsdienst, ihre Planungen flexibel an die extremen Wetterverhältnisse anpassen. Extreme Wetterverhältnisse bedeutet: 145 Liter Regen pro Quadratmeter in fünf Tagen.

Wack-Wandern

Das DRK Kaltenkirchen stellt mit seinen ca. 450 Helfern aus dem ganzen Bundesgebiet den Sanitätsdienst auf dem Festivalgelände sicher. Dazu gehört auch der Transport von Patienten vom Gelände zum Sanitätszelt. Hier musste schon früh mit besonderen Maßnahmen reagiert werden, da der Dauerregen ein normales Befahren aller Flächen unmöglich machte. Um das San-Camp zu schonen und zu verhindern, dass hier kein Arbeiten mehr möglich ist, wurde zunächst ein Befahrverbot für alle Fahrzeuge im Camp verhängt. Zunehmender Regen und zwangsläufige Fahrten verschlimmerten die Situation jedoch weiter. So wurden im Camp erste Fußwege mit Holzpaletten befestigt.

Im Regelbetrieb sorgen Fußstreifen, bestehend aus zwei Helfern, auf dem Infield des Festivalgeländes für die Abdeckung mit Sanitätspersonal. Bedingt durch den Schlamm mussten die Streifen auf vier Helfer aufgestockt werden, um den reibungslosen Transport der Patienten garantieren zu können. Kurzzeitig mussten allerdings auch diese Streifen eingeschränkt werden, da ein Durchkommen auf dem Infield nur noch schwer möglich war.

Um die Campingflächen noch mit Fahrzeugen erreichen zu können, wurde bereits am Montag ein geländegängiger Krankentransportwagen (KTW) auf Mercedes G-Klasse Basis angefordert. Zeitweise konnte einzig mit diesem Fahrzeug Patienten von den Campingflächen zum San-Zelt transportiert werden. Zusätzlich wurden verschiedene KTW des DRK mit vier Helfern besetzt als mobile Unfall-Hilfsstellen auf dem Campingplatz stationiert.

Durch diese Maßnahmen konnte das DRK den Sanitätsdienst aufrecht erhalten.

Auch die rettungsdienstliche Strategie musste rechtzeitig an die außergewöhnliche Wetterlage angepasst werden. Das San-Camp, in dem sich auch die Rettungswache Wacken der RKiSH mit den Stellflächen für die bis zu elf Rettungswagen (RTW) und drei Notarzteinsatzfahrzeuge (NEF) befindet, blieb bis Freitagmittag komplett autofrei.

Der Camp-Manager der RKiSH, Andreas Krey, versetzte den Zaun des Camps inklusive der Stromversorgung für die Fahrzeuge um einige Meter nach innen. Hierdurch konnten die Fahrzeuge im Seitenbereich der wetterfesten Schotterstraße parken. Das San-Camp blieb einer der wenigen Bereiche, in denen sich das grüne Gras nicht sofort in eine braune Schlammwüste verwandelte.

Ebenfalls wetterbedingt war die Zahl der unterkühlten Patienten ungewöhnlich hoch. Wacken - das heißt für viele Metalheads auch Oberkörper frei und Schlammschlacht pur. Dieses Verhalten führte in diesem Jahr zu den Unterkühlungen, die für diese Jahreszeit absolut ungewöhnlich sind. Entsprechend gab es kaum hitzebedingte Kreislaufprobleme, die in den vergangenen Jahren stets mit an erster Stelle bei den Einsätzen standen.

Was brachte der Regen außerdem noch an veränderter Einsatztaktik? Stefan Denschstädt, stv. Leiter Einsatzdienst der RKiSH, betonte hier insbesondere die strategische Aufstellung der RTW-Standorte rund um Wacken. Während in Holstenniendorf speziell für das W:O:A schon immer eine zusätzliche Rettungswache eingerichtet wurde, kam in diesem Jahr der Standort Gribbohm neu dazu. Insbesondere als schnelle Unterstützung für die Bereiche rund um die Campingplätze bietet der RTW Gribbohm eine Zeitersparnis, die sich spürbar bemerkbar macht. Des Weiteren wurden Übergabepunkte zwischen Sanitäts- und Rettungsdienst außerhalb des San-Camps an befestigten Wegen definiert.

Dasselbe gilt für einen dritten Standort, der während der Hauptspielzeiten besetzt wird: Die direkt am Festivalgelände gelegene Schule Wacken. Der hier stationierte RTW kann die Hauptbühne in ca. einer Minute erreichen, während ein Fahrzeug aus dem San-Camp für dieselbe Strecke je nach Verkehrslage bis zu 20 Minuten braucht. Positiver Nebeneffekt: Alle drei Behelfswachen sind trocken, was das Material und auch die Nerven der Mitarbeiter schont.

„Die Veranstalter sind in höchstem Maße bemüht, die Platzverhältnisse zu verbessern.“ sagte Stefan Denschstädt. Mit Radladern wurden Unebenheiten im Gelände ausgeglichen und Schlamm an die Ränder geschoben - so gut es ging. Hinzu kam der pausenlose Einsatz zahlreicher Pumpen und Saugwagen, die den Platz an den am schlimmsten von Überschwemmung und Schlamm betroffenen Arealen entwässerten. Angesichts der heftigen Regenfälle bis zum späten Donnerstag Abend mag dieser Einsatz wie der Kampf gegen die Windmühlen (hier wohl besser: Wassermühlen) wirken, führte aber schrittweise zu einer deutlichen Verbesserung der Flächen.

Ein dickes Lob gab es vom stv. Leiter Einsatzdienst auch für die im Gelände eingesetzten Security-Teams. Diese unterstützten die Fußstreifen des Sanitätsdienstes bei Bedarf jederzeit mit ausreichend „Manpower“, so dass der Abtransport von Patienten aus dem schlammigen Gelände in Richtung RTW-Übergabepunkte nicht nur zügig, sondern auch sicher für Helfer und Patient möglich war. Insgesamt fand Denschstädt zum Thema „Zusammenarbeit“ viele positive Worte.

Auch wenn der Ablauf und die erschwerten Umstände in diesem Jahr allen Beteiligten ein Höchstmaß an Flexibilität, Kreativität und Belastungsfähigkeit abverlangt haben, stand eine Absage des W:O:A zu keiner Zeit zur Diskussion. Die sensationelle Stimmung unter den Fans und den Helfern haben so manche Widrigkeit wieder wettgemacht, und was ein echter Wacken-Fan ist, lässt sich vom Wetter sowieso nicht unterkriegen.

(sh/js/tfr)

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