Reform des Rettungsdienstes - unsere erste Analyse

Reform des Rettungsdienstes - unsere erste Analyse

 

Heide – Als Unternehmen sehen wir viel Licht, aber auch Schatten bei den am 7. September 2023 vorgestellten Vorschlägen der Regierungskommission zur Reform des Rettungsdienstes.

In einer ersten Analyse kommt die RKiSH zu dem Ergebnis, dass zahlreiche fachliche Vorschläge zur bundesweiten Vereinheitlichung im Rettungswesen sehr gut geeignet sind, die Menschen zukünftig noch besser zu versorgen. Auch die weitere Professionalisierung des Rettungsfachpersonals unterstützt die RKiSH.
„Die Stärkung der Steuerungsfunktion der Leitstellen durch eine Verzahnung der europaweit gültigen Notrufnummer 112 mit der bundesweiten Rufnummer des ärztlichen Bereitschaftsdienstes 116 117 sehen wir sehr positiv“, beschreibt Jan Osnabrügge, unser stellvertretender Geschäftsführer, einen Aspekt der gestern veröffentlichten Vorschläge des Gesundheitsministers. In Schleswig-Holstein sind bereits seit teilweise mehr als 20 Jahren Rettungsleitstellen für mehrere Kreise und auch zwei kreisfreie Städte zuständig.
In der Stellungnahme sind allerdings pauschalisiert mehrere sachlich unrichtige Annahmen aufgefallen. Der massive Anstieg des Einsatzaufkommens ist in unseren Versorgungsbereichen belegbar überwiegend dem demografischen Wandel und nur teilweise dem gesellschaftlichen Wandel zuzuschreiben. Die notwendige Reaktion der Rettungsdienste in Deutschland, die Fahrzeugvorhaltungen fortlaufend zu erhöhen, hat dabei wesentlich zur Kostensteigerung beigetragen.
„Der aktuelle Fachkräftemangel im Bereich des Rettungsfachpersonals wäre durch bundesweit einheitliche massive Anstrengungen bei der Ausbildung des entsprechenden Nachwuchses vermeidbar gewesen“, ist Jan Osnabrügge überzeugt. „Im Bereich der Ausbildung von Notfallsanitäterinnen und Notfallsanitätern haben allerdings die teilweise noch immer anhaltenden Auseinandersetzungen um die Finanzierung der Ausbildung die ausreichende Bereitstellung von erforderlichem Personal massiv behindert.“ Als einer der ganz wenigen Arbeitsbereiche in Deutschland bewerben sich noch immer mehr Menschen für eine Ausbildung im Rettungsdienst, als dafür aktuell Ausbildungsplätze zur Verfügung gestellt werden.

Herkulesaufgabe: Harmonisierung der Hilfsfristen im Bundesgebiet

In Schleswig-Holstein müssen bereits seit 2003 keine Patient*innen aus finanziellen Kostengründen ins Krankenhaus gebracht werden. Die Kosten für eine Lebensrettung vor Ort ohne Transport gehen in die Gesamtkosten ein und sind dadurch vollständig refinanziert. Auch durften in Schleswig-Holstein noch nie Kosten des Brand- und Katastrophenschutzes in den Rettungsdienstkosten enthalten sein.
Vergleichbare Regelungen gibt es auch in mehreren anderen Bundesländern ebenfalls schon seit längerer Zeit. Lediglich in den Bundesländern, die noch auf der Grundlage des Gebührenrechtes agieren, gibt es möglicherweise noch Handlungsbedarf.
„Die Harmonisierung der unterschiedlichen Hilfsfristen im Bundesgebiet stellt eine weitere Herkulesaufgabe dar“, ist sich Jan Osnabrügge sicher. Für unser Unternehmen stellt sich die Frage, ob es zukünftig eine bundesweit einheitliche Planungsgrundlage für die Wahl der Standorte der Rettungswachen zur Herstellung gleicher Rettungschancen gibt oder ob es bei einem verbreitet zu beobachtenden, teilweise eklatanten Unterschied zwischen Stadt und Land bleibt. Es muss definiert werden, ob zukünftig acht Minuten im städtischen Gebiet oder 15 Minuten im ländlichen Raum der Standard zur Hilfsfristbemessung sein werden. Ebenso offen ist die Frage, wann gleiche Lebensverhältnisse in Deutschland vorliegen.
Die Verlagerung der Kostentragung des Rettungsdienstes auf Länder und insbesondere Kreise und kreisfreie Städte wird eine notwendige Neuordnung der Strukturen sehr belasten. Wie eine Studie der Bertelsmann-Stiftung am 6.9.2023 zur Finanzierung der Nachhaltigkeitswende gezeigt hat, werden die ohnehin schon stark angeschlagenen kommunalen Haushalte durch die beabsichtigte Novellierung der Finanzierung des Rettungsdienstes zukünftig zusätzlich belastet.
„Wir sehen den nun notwendigen Gesetzentwürfen der Bundesregierung zur Umsetzung der Vorschläge mit Spannung entgegen“, beschreibt Jan Osnabrügge als Fazit die erste Bewertung der vorgestellten Planungen.

(cm/ts)

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