Neue Prognose: Rettungsdienst im Jahr 2040

Neue Prognose: Rettungsdienst im Jahr 2040

Prof. Dr. Sebastian Kaumanns (FH Kiel) und Michael Scheffler (Stabstelle Strategisches Controlling RKiSH) (1. u. 2. v.r.) mit den Studierenden der FH Kiel. 

Anpassungsfähigkeit mussten wir als RKiSH seit der Gründung 2005 mehrmals unter Beweis stellen: Wir sind kontinuierlich gewachsen, haben neue Fachbereiche ins Leben gerufen, unser Versorgungsgebiet ausgeweitet und eine eigene Akademie zur Ausbildung von Rettungsfachkräften aufgebaut. Doch die wahrscheinlich größten Herausforderungen stehen uns unmittelbar bevor: der demografische Wandel, Umstrukturierungen im Rettungswesen sowie Auswirkungen von weltweiten Krisen und Zuwanderung. Was bedeutet das alles für unsere Arbeit? Können wir die mehr als eine Millionen Menschen, die sich auf uns verlassen, auch in Zukunft angemessen versorgen? Wo müssen wir ansetzen, um noch besser zu werden?

Eine datenbasierte Modellrechnung soll uns bei der Beantwortung dieser Fragen maßgeblich unterstützen und erste Lösungsansätze liefern, wie sich der Rettungsdienst in diesem und dem nächsten Jahrzehnt weiterentwickelt. In Kooperation mit der FH Kiel starten wir jetzt das Prognoseprojekt 2040. Rund 15 junge Bachelorstudent*innen in höheren Semestern der Fächer BWL und Wirtschaftsinformatik in Kiel sowie eine Bachelorandin (im Rahmen ihrer Abschlussarbeit) befassen sich intensiv mit einer Fülle von Einsatzdaten der RKiSH sowie demografischen Berechnungen des statistischen Bundesamtes. Im Ergebnis soll die Antwort auf die Frage vorliegen: Wie wird das Einsatzgeschehen bei der RKiSH zwischen 2025 und 2040 aussehen? Darüber hinaus soll die Arbeit der Studierenden Zukunftsszenarien bewerten, regionale Unterschiede benennen, Aufschlüsse darüber liefern, wie sich die Altersstruktur und die Bedürfnisse unserer Patientinnen und Patienten verändern, in welche Richtung der Einsatzdienst sich spezialisieren muss, um den zu erwartenden Anforderungen gerecht zu werden (Stichwort: differenzierte Notfallversorgung, s. Infokasten) u.v.m.

Essenzielle Erkenntnisse für Zukunft im Rettungswesen

Die Ergebnisse, die Anfang 2024 vorliegen sollen, werden im Nachgang betrieblich ausgewertet, um bei künftigen Planungsfragen eine Richtung vorzugeben: bei der Ermittlung von technischen Ressourcen wie Material, Ausstattung, Fuhrpark und Gebäuden und vor allem bei der Ermittlung des zukünftigen Personalbedarf in Zeiten des Fachkräftemangels. All das ist essenziell für die zukunftssichere Aufstellung im Rettungswesen. Michael Scheffler, Stabstelle Strategisches Controlling, der das Kooperationsprojekt für die RKiSH betreut, erklärt, wieso: „Ressourcen und Fachpersonal sind endlich, Kosten steigen. Das macht die Frage nach dem wirklichen Bedarf und dem Umgang damit so wichtig.“

Die angestrebte Modellrechnung ist kein neues Instrument für die RKiSH. Seit zwölf Jahren arbeiten wir erfolgreich mit Prognosedaten für das Jahr 2025. Diese sind das Ergebnis der Masterthesis von Michael Scheffler. Die Arbeit beschäftigte sich schon damals damit, welche Auswirkungen demografische und strukturelle Veränderungen auf den Rettungsdienst haben werden und welche unternehmerischen Konsequenzen daraus gezogen werden müssen. Die RKiSH stellte sich auf steigende Einsatzzahlen, eine Überalterung der Gesellschaft sowie einen steigenden Ressourcenbedarf ein. In der Konsequenz wuchs unter anderem die Akademie, Wachen-Standorte wurden ausgebaut und Investitionen in den Fuhrpark wurden getätigt. „Mit dem „KLN 2025“ waren wir Vorreiter. Wir wollen auch weiterhin auf der Höhe der Zeit sein und auf Veränderungen vorbereitet sein“, erklärt Michael Scheffler.

Auswertung von zwei Millionen Einsatzdatensätzen

Die Aussichten sind vielversprechend: Jetzt, zehn Jahre später, können wir die Analyse mit noch mehr Daten und noch besseren Auswertemethoden durchführen, um präzisere Ergebnisse zu generieren. In den kommenden Monaten werten die Studierenden unter Anleitung von Prof. Dr. Sebastian Kaumanns (FH Kiel) ganze zwei Millionen Datensätze aus den Jahren 2013 bis 2023 der RKiSH aus. Diese beinhalten unter anderem

Die Studierenden der FH Kiel besuchen die Integrierte Regionalleitstelle Mitte der Berufsfeuerwehr Kiel. Mit dabei für die RKiSH Michael Scheffler, Stabbstelle Strategisches Controlling, (2. v.l.) sowie Prof. Dr. Sebastian Kaumanns (li.), der das Projekt seitens der FH Kiel betreut.

Differenzierte Notfallversorgung

Nicht bei allen Hilfesuchenden, die den Notruf 112 wählen, besteht Lebensgefahr oder die Gefahr schwerwiegender gesundheitlicher Schäden. Dennoch benötigen Menschen auch in subjektiven Notlagen Hilfe. Zugleich muss die RKiSH aber Ressourcen für alle Notfälle sicherstellen.

Ein Lösungsansatz für die RKiSH liegt in der Differenzierten Notfallversorgung (DNV). Damit soll den Hilfesuchenden differenzierter begegnet werden und ihnen die richtige Versorgung zur richtigen Zeit und am richtigen Ort zugeteilt werden. Hinter der DNV verbergen sich eine Reihe von Anpassungen und Maßnahmen, die dafür sorgen sollen, dass Ressourcen bedarfsgerecht eingesetzt werden können, um die Patient*innen bestmöglich zu versorgen.

Ein Beispiel ist der Einsatz der Ersteinschätzungssoftware SmED, mit deren Hilfe Patient*innen mit weniger dringlichen Hilfeersuchen aus dem Rettungsdienst in die für ihr Anliegen richtigen Strukturen des ambulanten Sektors vermittelt werden können. So werden beispielsweise nicht notwendige Krankenhausaufenthalte und Transporte mit dem Rettungsdienst vermieden.

Als weiteren wichtigen Baustein der differenzierten Notfallversorgung führt die RKiSH die Telenotfallmedizin ein.

vollständig anonymisierte Einsatzdaten mit Informationen über Art, Dauer und Ort der Einsätze, über die zeitliche Bindung von Einsatzmitteln und vieles mehr. Diese Daten werden im Anschluss mit der Bevölkerungsvorausberechnung des statistischen Bundesamtes verrechnet und bis ins Jahr 2040 projiziert. Durch den langen Betrachtungszeitraum von zehn Jahren können auch langfristige Veränderungstrends gut erkannt und interpretiert werden. Klar ist: Die Herausforderungen im Rettungsdienst sind heute schon groß. Was kommt noch auf uns zu? Wir sind gespannt auf die Antworten und freuen und auf die Zusammenarbeit.

(as)

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