Gemeinsam gegen den Schmerz
Die Rettungsdienst-Kooperation in Schleswig-Holstein (RKiSH) und das Klinikum Itzehoe starten am 1. September einen ärztlichen Telefondienst, der die medikamentöse Schmerzbehandlung durch Rettungsassistenten und Notfallsanitäter für Notfallpatienten ermöglichen wird, auch wenn kein Notarzt vor Ort ist.
Heide / Pinneberg / Rendsburg / Itzehoe - Erfahrene Notfallmediziner der Klinik für Anästhesiologie des Klinikums Itzehoe stehen per telefonischer Direktwahl rund um die Uhr zur Verfügung, um gemeinsam mit dem Rettungsdienstpersonal den Beginn der Schmerzbehandlung in den vier Kreisen der RKiSH einzuleiten. Bisher setzte diese Maßnahme die direkte Anwesenheit eines Notarztes beim Patienten voraus.
"Wir stehen mit unserer Lösung nicht allein. Eine Reihe von Rettungsdiensten hat bereits ähnliche Systeme etabliert, von deren Erfahrungen wir profitieren. Begünstigt wird diese Entwicklung jetzt besonders durch die Einführung der neuen Qualifikation des Notfallsanitäters, der eine umfassendere Ausbildung hat" beschreibt Michael Reis, Geschäftsführer der RKiSH, die Notwendigkeit für das neue System.
In der Vergangenheit entstand oftmals durch die Nachforderung des Notarztes eine quälende Wartezeit für den Patienten und der Arzt war nicht mehr für andere, lebensbedrohlich Erkrankte oder Verletzte einsetzbar. Nun wird es so sein, dass die Rettungswagenbesatzungen beim Patienten eine Behandlung mit starken Schmerzmitteln unmittelbar beginnen können, nachdem sie den Telefon-Notarzt konsultiert haben.
"Das Klinikum Itzehoe verfügt über sehr erfahrene Notfallmediziner, da wir hier seit Jahrzehnten die Ärzte für den Rettungsdienst stellen. An dem Telefondienst werden derzeit 14 Fach- und Oberärzte sowie der Chefarzt der Anästhesiologie mitwirken, die zusammen über 200 Jahre Erfahrung im Rettungsdienst verfügen und die Situation vor Ort somit sehr gut einschätzen können." so der Chefarzt der Abteilung für Anästhesiologie Priv.-Doz. Dr. med. Marko Fiege.
Als weitere wichtige Komponente hat Dr. med. André Gnirke, Ärztlicher Leiter (ÄLRD) der RKiSH, mit erfahrenen Ausbildern der betriebseigenen RKiSH-Akademie ein Schulungs- und Trainingsprogramm für die Anwendung der Schmerzmittel entwickelt und klare Handlungsanweisungen definiert. Die Beherrschung dieser Maßnahme wird durch eine persönliche schriftliche und praktische Prüfung des Rettungsdienstpersonals bestätigt. Alle Anwendungen werden umfangreich ausgewertet, um die Effektivität des Systems zu beurteilen.
"In einer großen Untersuchung von 13.000 Einsätzen hat die RKiSH festgestellt, dass über 30% der Patienten eine behandlungsbedürftige Schmerzsymptomatik hatten. Am häufigsten traten die Schmerzen bei Verletzungen der Extremitäten auf. Circa 75% dieser Patienten wurden durch einen Rettungswagen bedient, ohne dass ein Notarzt vor Ort war. Dies begründet sich dadurch, dass z.B. Knochenbrüche der Arme oder Beine keine zwingende Indikation für den Notarzt darstellen, sondern dieser für lebensbedrohliche Situationen vorgesehen ist. Die Rettungswagenbesatzungen sind also gefordert: Die ärztlichen Kapazitäten reichen nicht aus, zu jedem dieser Patienten sofort einen Notarzt zu entsenden." erklärt Dr. med. André Gnirke die Entwicklung der Schmerzbehandlung durch nichtärztliches Personal.
Schmerz ist nach der Auffassung der Verantwortlichen der RKiSH und des Klinikums Itzehoe für viele Patienten des Rettungsdienstes das stärkste Symptom ihrer Verletzung oder Erkrankung. Einem Patienten diese Schmerzen zu nehmen, sehen sie als auch einen ethischen Auftrag.
Die Zusammenarbeit der Rettungsdienst-Kooperation in Schleswig-Holstein und des Klinikums Itzehoe auf diesem Sektor der Notfallmedizin ist ein wichtiger Baustein für die schnelle, fürsorgliche, schonende und fachgerechte Versorgung aller Notfallpatienten in einem großen Teil von Schleswig-Holstein.
(cm/tfr)