Besonderheiten und Herausforderungen - Ausbildung im Jahr 2020
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Besonderheiten und Herausforderungen - Ausbildung im Jahr 2020

Besonderheiten und Herausforderungen - Ausbildung im Jahr 2020

Für dieses Jahr sind erstmalig 88 Ausbildungsplätze in vier Kursen vergeben worden. „Den Bedarf an Fachpersonal decken wir ein großes Stück aus den eigenen Reihen.“, freut sich RKiSH-Geschäftsführer Michael Reis. „Bei mehr als 1.200 Bewerbungen für die Ausbildungsplätze ist die RKiSH augenscheinlich ein attraktiver Arbeitgeber.“, so Reis weiter.
Das Jahr 2020 war hingegen bisher in der Bilanz weniger „Attraktion“ als eher eine große Herausforderung für die Akademie in Heide und die Rettungswachen. Corona hat hier in allen Facetten seine Spuren hinterlassen und viel Flexibilität und Reaktionsvermögen von allen Auszubildenden und Lehrkräften sowie den Kollegen auf den Wachen gefordert. Zu Jahresbeginn war aber noch alles weitestgehend normal.

Anfang Februar startete der erste Kurs des neuen Jahres. Alles lief noch bekannt und normal - Handschlag, Gruppenfoto, Nebeneinandersitzen, … alles kein Problem.

„Die ersten Wochen Unterricht waren so, wie wir es seit vielen Jahren kannten. Es gab erstmal nichts Auffälliges und bewährte Routine.“, beschreibt Akademieleiter Henning Sander den Start für die neuen Auszubildenden. Was sich dann allerdings aufgrund der steigenden Dynamik durch das neuartige Virus immer klarer abzeichnete, wurde Mitte März ungewollte aber dringend notwendige Wirklichkeit. Der Schulbetrieb in Präsenz musste zur Infektionsvermeidung durch die neu angeordnete Allgemeinverfügung komplett eingestellt werden. Die praktische Ausbildung der ganz neuen Auszubildenden auf den Wachen wurde aus Sicherheitsgründen ebenfalls unterbrochen.

Zwangspause für alle? Unsicherheit und große Fragezeichen blieben erstmal zurück. Wie geht es nun weiter? Eine ganz neue Lage, die der Februarkurs vermutlich am meisten zu spüren bekommen hat.

„Kurz vor dem Lockdown hatten wir unsere ersten Tage auf der Rettungswache. Wir hatten uns grad darauf vorbereitet und eingestellt, dass wir nun auf dem RTW sitzen und erste Erfahrungen in unserem tatsächlichen Arbeitsbereich sammeln können. Dann kam die Meldung, dass wir aus Gründen der Infektionsvermeidung erstmal nicht mehr als Dritte auf dem RTW mitfahren dürfen. Das war anfangs natürlich schwer zu verdauen.“ erklärt Micki Börchers ihr persönliches Erleben der für alle absolut neuen Situation. „Dadurch, dass wir mit der Ausbildung gerade erst angefangen haben, war es schwer, eine Aufgabe zu finden, mit der ich mich in der neuen freien Zeit beschäftigen konnte. Das Alleinelernen wurde schnell durch Onlineunterricht für den ganzen Kurs abgelöst. Trotz der erschwerten Situation mit dem E-Learning hat es doch ganz gut funktioniert.“

Innerhalb der RKiSH wurden für einige der zwangsweise freigewordenen Azubis neue Arbeitsbereiche gefunden, in denen sie „gefahrloser“ bestehende Strukturen unterstützten. Das Zentrallager und die Leitstelle bekamen Zuwachs.

„Ich wurde nach dem Lockdown mit einigen anderen Azubis ins Zentrallager nach Heide beordert und durfte für einige Zeit die Arbeit hinter den Kulissen des Einsatzdienstes kennenlernen.“, berichtet Lou Forstner von seinem neuen Arbeitsbereich auf Zeit. „Im Lager findet man von Braunülen, über Lampen für den RTW, Seife und Klopapier so ziemlich alles, was auf den Wachen und in der Akademie benötigt wird.“

Die Zeit lief inzwischen weiter und der Begrüßungstag des April-Kurses war nicht mehr weit weg.
Alles wie bisher durchführen? Undenkbar! Verschieben – keine echte Option! Also, neue Wege gehen. Etwas tun, was es noch nie gab. Rettungsdienst ist in vielen Bereichen die professionelle Reaktion auf Unvorhersehbares. So entwickelte die Akademie einen besonderen und völlig anderen Kursstart.

Pünktlich um 9.00 Uhr startete dann am 1. April die Begrüßung der nächsten 22 neuen Auszubildenden der RKiSH-Akademie. Allerdings nicht in Präsenz wie schon so viele Male davor - diesmal als Videokonferenz.

Die Lehrkräfte der Akademie hatten die ursprünglichen Präsenzunterrichte für alle Auszubildenden auf onlinebasierte Lektionen umgestellt. Eine hohe pädagogische und technische Herausforderung, die von allen Beteiligten große Disziplin erforderte, um den Schulbetrieb aufrecht zu erhalten.
„Rückblickend war es eine ungewohnte, aber spannende Alternative zum normalen Unterricht. Das Kennenlernen fiel ebenfalls ungewohnt aus, so hatten wir zu einigen Azubis nur eine Stimme und kein Gesicht vor Augen, da Webcams in Zeiten von Home Office zu Luxusgütern wurden. Umso spannender war das erste Treffen abseits des Schreibtisches.“, erklärt Maximilian Wedemann als einer der Teilnehmer des Aprilkurses.

Ziel der Akademie war natürlich, die Auszubildenden schnellstmöglich in „normale“ Unterrichtsabläufe und -methoden zurückzuholen. Dennoch galt das Gebot von Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit weiter.

Morlin Claußen zum ungewöhnlichen Start: „Es ist klasse, dass es uns ermöglicht wurde, zum Ausbildungstermin zu starten. Es war spannend die Kurskameraden nach dem Onlineunterricht dann richtig kennen zu lernen.“

Ihr Kollege Nils Roggow sah es ähnlich und lobte die gute Vorbereitung: „Von April bis Ende Mai haben wir unseren Unterricht in Form von Webinaren abgehalten, ohne uns dabei vorher oder währenddessen 'real' gesehen zu haben. Die RKiSH hat uns rechtzeitig vor Ausbildungsbeginn mit sämtlichen Informationen versorgt, weshalb es zu keinen Unsicherheiten über den ungewöhnlichen Ausbildungsbeginn kam.“

Maike Mohr beschreibt die eher technischen Herausforderungen des Onlinestarts und der nachfolgenden Unterrichtswochen am Computer: „Mal war der Server überlastet und man kam gar nicht erst in die Sitzung hinein, ein anderes Mal wurde mitten in der Sitzung die Verbindung unterbrochen.“, so Maike Mohr. „Die Lösung mit den Onlinesitzungen war dennoch eine gute Idee zum Überbrücken, ersetzt jedoch keinesfalls ein persönliches Aufeinandertreffen. Wir haben uns als Kurs erst so richtig kennen gelernt, als wir an der Akademie waren und uns persönlich gegenüberstanden.“

Die Auszubildende Lisa Jahn bestätigt die fast mystische Stimmung der ersten Wochen: „Auch wenn der Onlineunterricht recht schnell zur Gewohnheit wurde und ich mich der Situation anpasste, war es für mich trotzdem so, dass alles noch ein bisschen unwirklich war. Deshalb bin ich letztendlich erst richtig in der RKiSH angekommen, als wir in die Akademie und an die Rettungswache durften und die Mitschüler, Lehrkräfte und Kollegen persönlich kennenlernen konnten.“

Über den späten Frühling und Sommer kehrte ein routinierter Umgang mit der Pandemielage ein. Onlineunterricht wurde mittlerweile für alle Auszubildenden fast selbstverständlich. Wo die Notwendig- und Verhältnismäßigkeiten es erlauben, fand vorsichtig wieder praktische Ausbildung in Kliniken und Rettungswachen statt.

Mit Abstand die Neuesten! Unter diesem Motto wurden Anfang August die nächsten 22 Auszubildenden in der Akademie in Heide begrüßt.

Der dritte Kurs war da. Alles wieder normal? Noch nicht ganz. Fast so, wie wir es bislang gewohnt waren, dennoch irgendwie anders. Aber zumindest wieder in Präsenz, wenn auch unter gebührendem Abstand zueinander.

„Die Akademie und die Kursleiter achten auf die Einhaltung der allgemeinen Schutzmaßnahmen wie das Tragen eines Mundschutzes und ausreichendes Lüften. Sie achten somit auch auf unsere Gesundheit.“, freuen sich Alina Oertel und Linus Berwig als Kurssprecher der neuen August-Azubis. Gelobt werden die gut gelösten Konzepte, die einerseits praktischen Unterricht ermöglichen, andererseits das Kennenlernen am Anfang etwas schwerer gemacht haben. „Die Situation ist für uns alle neu und trotzdem konnten wir die Ausbildung immerhin so gut es ging gemeinsam an der Akademie beginnen!“

Die Stundenpläne wurden mittlerweile wieder annähernd komplett so durchgeführt, wie vor dem Beginn der Pandemie. Manche Änderung ließen sich natürlich jedoch trotzdem nicht vermeiden. Die Lehrkräfte und alle Praxisanleiter versuchten dennoch alles, diese herausfordernden Zeiten so effektiv wie möglich zu gestalten.

Am 01. Oktober kamen dann die letzten neuen Auszubildenden zum Notfallsanitäter für dieses Jahr zum ersten Schulblock an die Akademie nach Heide. Auch wieder in Präsenz im Klassenraum, aber ebenfalls mit den nötigen Abständen und Hygieneregeln. Gleiches galt für den Rettungssanitäterkurs, der am 12. Oktober startete.

Also jetzt alles wieder so wie immer? Nicht ganz…
Denn wenn wir ehrlich sind, ist das alte „wie immer“ eher ein neues „nicht immer!“. Nicht immer ist alles so, wie wir es kannten. Nicht immer können wir über lange Zeit auf Bewährtes bauen, sondern müssen flexibel reagieren.
Nicht immer stehen die Azubis auf den Bildern direkt nebeneinander, sondern wie zum Beispiel im Oktober auch mal im Kreis.

Luk Ritter beschreibt seinen Ausbildungsbeginn im Oktoberkurs folgendermaßen: „Es gab für uns keine großen Überraschungen, da wir im Vorfeld wussten, wie in der Akademie mit der Pandemie umgegangen wird. Wir wurden trotz Abstandsregeln sehr herzlich begrüßt und hatten einen guten Start!“ Er lobt darüber hinaus auch noch einmal die Ausstattung der Akademie, so wurden z. B. an alle Notfallsanitäterazubis seit August mit Tablets ausgegeben. Dies wird zukünftig der Standard sein.

Auch Geschäftsführer Michael Reis ist mit den unterschiedlichen Formen des Ausbildungsbeginns zufrieden. „Wir sind dankbar, dass trotz der besonderen Situation die Ausbildung weiterläuft und wir unsere Fachkräfte qualifizieren können!“, lobt Reis die Arbeit und das Engagement der Verantwortlichen. „So werden wir unserer gesellschaftlichen Verantwortung nicht nur im Bereich der medizinischen Versorgung gerecht, sondern auch in der Weitergabe von Wissen.“

„Wir sind in einem sehr brisanten Schuljahr!“, resümiert Henning Sander die aktuelle Situation und ist stolz auf sein Team, das vier ganz unterschiedliche „Einschulungen“ organisiert und durchgeführt hat. „Wir hoffen, dass wir die diesjährigen Azubis dann in drei Jahren unter normalen Bedingungen nach bestandener Prüfung gemeinsam feierlich aus der Ausbildung entlassen können!“

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